Mobilfunk: Ist Handystrahlung tatsächlich krebserregend?

Seit einigen Jahren spaltet eine Diskussion die Wissenschaft und die Öffentlichkeit in zwei Lager. Begonnen hat diese Diskussion mit Smartphone Krebsrisikodem Siegeszug des Handys und der damit einhergehenden immer stetigeren Verbreitung der Geräte. Im Mittelpunkt der Kontroverse steht die Frage, ob die Strahlung, die von Handys – und zum heutigen Punkt auch Smartphones – ausgeht, das Wachstum von Tumoren auslösen und/oder fördern kann. Während die eine Seite davon ausgeht, dass Handys tatsächlich für Krebs verantwortlich gemacht werden können, ist für die Gegenseite kein eindeutiger Zusammenhang erkennbar. Eine endgültige Klärung der Frage scheint zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht möglich zu sein, da Handys und Smartphones in ihrem aktuellen Nutzungsumfang noch keiner repräsentativen Langzeitstudie unterliegen können – schlichtweg weil sie in diesem Maß noch nicht lange genug am Markt sind. Nichtsdestotrotz wollen wir uns der verschiedenen Positionen annehmen, grundlegende Fragen zum Thema beantworten und unseren Lesern Tipps mit auf den Weg geben, mit denen sie ein etwaiges Risiko, an Krebs durch Handystrahlung zu erkranken, mindern können.

Welche Strahlung wird untersucht?

Von Mobiltelefonen im Generellen – also von herkömmlichen Handys ebenso wie von modernen Smartphones – geht eine so genannte hochfrequente magnetische Strahlung aus. Bei Handys kommt diese Strahlung vor allem dann zum Einsatz, wenn telefoniert wird oder ein Austausch von SMS (Senden/Empfangen) erfolgt; zwischen den Mobilfunkanlagen/Basisstationen des jeweiligen Netzbetreibers und den Endgeräten werden die Signale während eines Telefongesprächs über hochfrequente elektromagnetische Welle übertragen. Bei Smartphones, die auf eine mobile Datenübertragung (also nicht auf die Übertragung von Daten per WLAN) setzen, kommt diese Übertragungsmethode zudem zusätzlich beispielsweise beim Abrufen von E-Mails oder der Nutzung von Apps zum Einsatz.

Die Strahlungsintensität hängt dabei nicht von der Nähe zu einer Mobilfunkanlage ab, wird in Studien jedoch häufig im Zusammenhang mit der räumlichen Distanz, die zwischen dem Kopf des Nutzers und dem Endgerät besteht, betrachtet.

Welche Studien wurden zum Thema Krebs durch Handystrahlung durchgeführt?

Handynutzung KrebsMittlerweile gibt es etliche verschieden Studien, die den möglichen Zusammenhang zwischen der Strahlung, die von Handys ausgeht, und einer Bildung von Tumoren untersucht. Bei nahezu all diesen Untersuchungen handelt es sich um so genannten . Das bedeutet, dass eine Gruppe von Personen untersucht wird, deren Gewohnheiten und Verhaltensweisen – bis auf die Häufigkeit ihrer Handynutzung – nahezu identisch sind. Tauchen dann verschiedene Krankheitsbilder, wie etwas die Bildung von Tumoren, auf, können die Wissenschaftler einen möglichen Zusammenhang zwischen Nutzungsverhalten und Erkrankung herstellen.

Bereits mehrfach äußerten sich unterschiedliche wissenschaftliche Teams nach ihren Untersuchungen jedoch in eine Richtung, die gegen einen solchen Zusammenhang spricht, bzw. diesen stark einschränkt.

Das Ergebnis der meisten Studien lautet: Wer sein Handy durchschnittlich häufig nutzt, unterliegt keinem erhöhten Risiko an Krebs zu erkranken.

Was spricht für den Zusammenhang zwischen Strahlung und Krebs?

Fall 1:

Wissenschaftler aus Tel Aviv, Israel, haben den Speichel von so genannten „Vieltelefonierern“ (mindestens 8 Stunden Telefonie pro Tag, Probanden telefonierten „nur“ zwischen 30 und 40 Stunden pro Monat) untersucht. Das Ziel: Weil beim Telefonieren permanent die Ohrspeicheldrüse bestrahlt wird, könnten Veränderungen im Speichel auftreten und dort nachgewiesen werden. Tatsächlich konnte in der Studie ein Unterschied in der Struktur des Speichels von Menschen, die sehr viel telefonierten, und Menschen, die gehörlos waren oder nicht mit dem Handy telefonierten, festgestellte werden. Das Team konnte Anzeichen von „oxidativem Stress“ feststellen, das bedeutet, dass die Zellen der Probanden eine hohe Anzahl an freien Radikalen aufwiesen, die die DNS angreifen können – sie gelten als einer der zentralen Risikofaktoren für Krebs. Durch den oxidativen Stress kann es zu genetischen Mutationen kommen, die wiederum die Entwicklung von Tumoren begünstigen. Letztendlich liefert diese Studie jedoch keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Handystrahlung und der Entstehung von Krebs, verdichtet aber immerhin die Indizienlage. Allerdings wurde diese Studie mit lediglich 20 Teilnehmern durchgeführt, ihre Aussagekraft ist also nicht besonders hoch.

Fall 2:

Einem 60 Jahre alten Italiener wurde jedoch in einer Gerichtsverhandlung Recht zugesprochen, laut des Urteils soll ein Tumor, der an einem Nerv in seinem Gehirn entstanden ist, vom zu häufigen telefonieren verursacht worden sein. Der Tumor des Mannes, bei dem es sich um eine nicht-bösartige Form handelte, führte zu einer halbseitigen Gesichtslähmung und wurde sogar zur Lebensgefahr, da es eine wesentliche Arterie abzudrücken drohte. Ein Team von angesehenen Ärzten und Onkologen hatte einen Zusammenhang zwischen dem Tumor, der sich an der Stelle gebildet hatte, an dem sich beim Telefonieren das Handy befand, und der Strahlung, die vom Gerät abging, bestätigt. Allerdings telefonierte der heute 60-jährige 12 Jahre lang 8 Stunden pro Tag mit seinem Mobiltelefon, auch bei diesem Fall handelt es sich also um ein extremes Beispiel.

Was spricht dagegen?

Bislang konnten schlichtweg keine eindeutigen Hinweise dafür gefunden werden, dass ein durchschnittlich häufiges Telefonieren oder Nutzen eines Smartphone KrebsSmartphones/Handys im Generellen Krebs auslösen kann. Es gibt zwar Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang, eine endgültige Aussage kann aber bis heute nicht getroffen werden.

Physiker und Biologen beschäftigen sich zudem ebenfalls mit den Relationen zwischen Strahlung und etwaigen dadurch verursachten Erkrankungen. Sie führen einen wichtigen Punkt an: Mobilfunksignale werden als elektromagnetische Felder übertragen – und elektromagnetische Strahlung sei, im Gegensatz zu etwa Röntgenstrahlung, nicht dazu in der Lage Moleküle zu ionisieren, um diese so zu einer Umstrukturierung zu bewegen. Zudem erfolgt die mobile Datenübertragung in einem Frequenzbereich, der unter dem zulässigen Höchstwert liegt und nicht permanent, sondern pulsierend.

Doch Smartphones kamen jedoch weitere Möglichkeiten der Datenübertragung hinzu, zum Beispiel WLAN oder Bluetooth. Die Frequenzen, mit denen diese Techniken arbeiten, liegen jedoch sehr weit unter denen der mobilen Datenübertragung, so dass von ihnen keine signifikante Gefahr ausgeht.

Pro & Contra
PRO
  • oxidativer Stress
  • freie Radikale
  • Vieltelefonie
Contra
  • kein eindeutiger Zusammenhang festgestellt
  • elektromagnetische Strahlung ionisiert Moleküle nicht
  • Stärke der elektromagnetischen Felder deutlich unter erlaubtem Grenzwert
  • Strahlenbelastung bei WLAN und Bluetooth deutlich geringer als bei Datenübertragung über das Mobilfunknetz

 

Was sagt die WHO?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich ebenfalls mit der Frage der Relation zwischen Handystrahlung und der Entstehung von Krebs beschäftigt. Sie ist zu dem Schluss gekommen, die Problematik mit der Bewertung „2b“ zu kategorisieren – das bedeutet, dass die Strahlung möglicherweise krebserregend sein könnte.

Auch hier wird deutlich, dass es sich eher um ein vages – als um ein tatsächlich belegtes Risiko handelt.

Wie kann man ein etwaiges Risiko verringern?

Krebsrisiko verringern HandyNichtsdestotrotz haben Menschen, die ihr Risiko durch ihr Nutzungsverhalten von Handys/Smartphones an Krebs erkranken zu können, mindern wollen, verschiedene Möglichkeiten dazu:

  • SMS nutzen statt zu telefonieren
  • Telefongespräche möglichst kurz halten
  • E-Mails über WLAN statt über den mobilen Datenverkehr (z.B. „3G“, „H“, „LTE“) abrufen
  • E-Mails manuell und nicht über festgelegte Intervalle abrufen
  • Apps über WLAN nutzen
  • Mobile Downloads über WLAN durchführen
  • Headsets nutzen, da die Intensität der Strahlung so verringert werden kann
  • Beim Kauf von Telefonen auf einen möglichst niedrigen SAR-Wert achten
  • Nicht bei schlechtem Empfang telefonieren (das Telefon erhöht dabei die Sendefrequenz und somit auch die Strahlung)
  • Handy beim Telefonieren ca. 2 cm vom Ohr entfernt halten

Gibt es Gadgets zur Abschirmung der Strahlung?

Tatsächlich gibt es spezielle Handyhüllen am Markt, die die Strahlung, die vom Gerät ausgeht, umlenken sollen. Die Cases von Pong Research beispielsweise weisen eine dünne Spezialantenne auf, die die Strahlung vom Ohr weg- und über die Hinterseite des Gehäuses ableitet. Die Strahlung wird so nicht mehr vom Kopf absorbiert, der Empfang wird nicht beeinträchtigt.

Was kann man bereits beim Kauf eines Mobiltelefons beachten?

Bereits beim Kauf eines Telefons kann man auf einen bestimmten Faktor achten, der Aufschluss über die Strahlenintensität gibt, den so genannten SAR-Wert. „SAR“ steht dabei für „Spezifische Absorptions-Rate“, der Wert gibt in Watt pro Kilogramm an, wie strahlungsarm ein Endgerät. Gemessen wird dazu, wie groß der Strahleneffekt ist, der tatsächlich im Körper ankommt. Ist dieser Wert nicht eindeutig in den Gerätedaten gelistet oder auffindbar, so bietet das Bundesamt für Strahlenschutz eine umfangreiche Liste von aktuellen und älteren Mobilfunk-Modellen und ihren SAR-Werten. Der Grenzwert für den Kopf liegt bei 2 Watt pro Kilogramm, Geräte erhalten den „Blauen Engel“ als Umwelt-Siegel, wenn ihr SAR-Wert bei maximal 0,6 Watt pro Kilo liegt.

Fazit

Noch kann keine endgültige Aussage zum Thema „Handystrahlung und Krebsrisiko“ getroffen werden, dazu wären noch längerfristige Langzeitstudien notwendig. Wissenschaftler treffen sich derzeit in der Mitte und haben den vorläufigen Konsens gebildet, dass die Strahlung, die vom Handy ausgeht „möglicherweise“ krebserregend sein könnten. Bis es eine endgültige Klarheit hat, hat der besorgte Nutzer aber viele verschiedene Möglichkeiten, die Strahlenbelastung zu minimieren und so einer Erkrankung vorzubeugen.